Hotels für nützliche Flugakrobaten

Aufstellung eines Schwalbenhotels

In Uhingen und Holzhausen stehen nun Schwalbenhotels mit fast 90 Nistmöglichkeiten. Damit will die Stadt den Insektenfressern neue Lebensräume bieten. Denn moderne Architektur und sogar mutwillige Zerstörung von Nestern bedrohen die Schwalben in ihrer Existenz.

Schwalbenhotel

Uhingen, 30.03.2023. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, weiß der Volksmund und bezieht sich dabei auf die Rückkehr der Zugvögel aus wärmeren Gefilden in Afrika zu uns, sobald es hier nicht mehr so kalt ist. Doch was, wenn keine dieser wendigen Flugakrobaten mehr über dem Himmel von Uhingen und den Stadtteilen umhersausen, weil es für sie schlichtweg keine Möglichkeiten gibt, ihre Nester aus Lehm zu bauen, Eier zu legen und Nachwuchs großzuziehen? Dieses Szenario will man in Uhingen nicht wahrwerden lassen, deshalb erhalten die Vögel je ein Schwalbenhotel in Uhingen und in Holzhausen.   Die neuen Unterkünfte stehen seit Mittwoch an der Kirchstraße in Uhingen auf der Grünfläche, wo der Kandelhock stattfindet, und neben der Feuerwehr im Stadtteil Holzhausen an der Schorndorfer Straße. Auf einem knapp sechs Meter hohen verzinkten Stahlmasten wurden die Schwalbenhotels, speziell für Mehlschwalben mittels Autokran und Hubsteiger durch den Bauhof der Stadt Uhingen montiert. Bei den Hotels handelt es sich um einen achteckigen Holzbau. „Er soll eine Mauer unter einem Dachvorsprung nachempfinden, wo die Vögel sonst ihre Nester bauen“, erklärt Uhingens Bauhofleiter Marco Stolz. „An den Wänden unterm Dach befinden sich je Hotel 44 vorgefertigte künstliche Nester, in denen die Vögel brüten können.“ Der Gemeinderat hatte sich mehrheitlich für die Türme ausgesprochen, die jeweils 5200 Euro kosten, und dafür sowie für das Aufstellen Geld bewilligt. Da es sich um städtische Einrichtungen handelt, werden sie von der Stadt durch den Bauhof betreut und gewartet. Die Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 16.000 Euro.

Im September vergangenen Jahres erfolgte eine Begehung mit Michael Eberhard, dem Leiter des städtischen Ordnungsamtes, einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Göppingen und Dr. Dirk Lederbogen, Vorsitzender des Naturschutzbunds Göppingen und Umgebung und seit Februar Stadtrat in Uhingen. Dabei wurden verschiedene Standorte für die Errichtung der Schwalbentürme für Mehlschwalben besichtigt und entsprechend der gängigen Standortskriterien priorisiert. „Schwalbentürme bieten den Mehlschwalben einen wichtigen Ersatz, weil ihre Nistquartiere unter den Dachüberständen zunehmend verloren gehen“, erklärt Dr. Dirk Lederbogen. Und dabei sind die Vögel doch so nützlich: Sie fressen kiloweise Mücken, Fliegen und Blattläuse. Die Wahl eines Standorts für ein Schwalbenhotel fiel einerseits auf den alten Uhinger Ortskern Oberdorf im Bereich des Kandelhocks, weil sich dort in unmittelbarer Nähe bereits eine Schwalben-Population befindet. „Wichtig ist, dass sich solche Nistmöglichkeiten in der Nähe aktiver Nester und somit mitten in einer Schwalben-Kolonie befinden“, betont Dr. Dirk Lederbogen. Denn: „Dann ist die Wahrscheinlichkeit auch hoch, dass die Vögel das Angebot annehmen.“ Der Kandelhock wirkt sich übrigens mit seiner Geräuschkulisse – Musik und Stimmentumult – nicht negativ auf die Mehlschwalben aus, brachte Dr. Dirk Lederbogen bei Schwalben-Experte Rudi Apel aus Görwihl im Landkreis Waldshut, der für sein Engagement zugunsten der Schwalben das Bundesverdienstkreuz erhalten hat, in Erfahrung. „Wenn der Kandelhock Ende Juni stattfindet, ist außerdem die Brutzeit der Vögel vorbei, die Jungvögel sind zu der Zeit bereits flügge“, erklärt der NABU-Experte. Und außerdem: „Mehlschwalben halten sich gerne in bebauten Gebieten auf, sie mögen keine Ruhe und lieben umtriebige Bereiche“, weiß Uhingens Ordnungsamtsleiter Michael Eberhard, der das Projekt seitens der Stadt koordiniert hat und bei der Montage an der Kirchstraße dabei war. Denn in Wohngebieten nutzen die Tiere Stromleitungen als Sitzmöglichkeiten. „Das lieben die Vögel“, ergänzt Michael Eberhard, der durch das Projekt auch viel über die Tiere gelernt hat. In Holzhausen kristallisierte sich schnell der Bereich bei der Bushaltestelle als Favorit heraus, weil der fast sechs Meter hohe Turm auf einer Wiese steht, in deren Umgebung es umtriebig ist. Ein weiterer Grund: „Entlang der Schorndorfer Straße befinden sich an anderen Häusern schon Nistmöglichkeiten“, erklärt Ortsvorsteherin Ursula Weller beim Aufstellen des Schwalbenhotels, die auf ihrem landwirtschaftlichem Betrieb Rauchschwalben zu ihren tierischen „Untermietern“ zählt. Vom Standort an der Schorndorfer Straße erhoffen sich die Unterstützer des Projekts, dass die Mehlschwalben bei ihrer Rückkehr aus wärmeren Gefilden auf dem Weg zu den bekannten Nistmöglichkeiten das neue Schwalbenhotel entdecken und dort eines der „Zimmer“ beziehen.  „Im Ortschaftsrat haben wir schon besprochen: Wenn die ersten Vögel dort einziehen“, fügt Ursula Weller schmunzelnd hinzu, „feiern wir eine Party“.  Allzulange dürfte es nicht dauern, bis sich die ersten Mehlschwalben niederlassen, zeigt sich Dirk Lederbogen zuversichtlich. Er rechnet damit, dass sich die ersten Tiere im April in und um Uhingen blicken lassen – je nachdem, wie warm es hier ist. „Dann kann man sie über die Fils segeln sehen“, weiß der Nabu-Vorsitzende. „Sie suchen immer wieder nach neuen Nistquartieren. Deshalb kann es sein, dass sie relativ kurzfristig die neuen Hotels besiedeln.“  Hintergrund: Notwendig sind die Schwalbentürme geworden, weil die Vögel immer weniger Nistmöglichkeiten finden. Immer mehr Flachdächer oder glatter Verputz machen es für Schwalben schier unmöglich, ihre unter Naturschutz stehenden Nester zu bauen. Viele Immobilienbesitzer verscheuchen die Tiere auch, weil sie keine Kotspuren an den Wänden haben wollen. Mancherorts werden unerlaubterweise sogar Schwalbennester zerstört. Dabei lässt sich die Verschmutzung mit der Anbringung eines schrägen Kotbretts etwa 50 bis 70 Zentimeter unterhalb der Nester ganz einfach dauerhaft vermeiden. Das Brett ist dann farblich ganz leicht an die neue Fassade anzupassen. 

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